Böhmen liegt am Meer |
Sind hierorts Häuser grün, tret ich noch
in ein Haus. Sind hier die Brücken heil, geh ich auf gutem Grund. Ist Liebesmüh in alle Zeit verloren, verlier ich sie hier gern. Bin ich's nicht, ist es einer, der ist so gut wie ich. Grenzt hier ein Wort an mich, so laß ich's grenzen. Liegt Böhmen noch am Meer, glaub ich den Meeren wieder. Und glaub ich noch ans Meer, so hoffe ich auf Land. Bin ich's, so ist's ein jeder, der ist soviel wie ich. Ich will nichts mehr für mich. Ich will zugrunde gehn. Zugrund - das heißt zum Meer, dort find ich Böhmen wieder. Zugrund gerichtet, wach ich ruhig auf. Von Grund auf weiß ich jetzt, und ich bin unverloren. Kommt her, ihr Böhmen alle, Seefahrer, Hafenhuren und Schiffe unverankert. Wollt ihr nicht böhmisch sein, Illyrer, Veroneser, und Venezianer alle. Spielt die Komödien, die lachen machen Und die zum Weinen sind. Und irrt euch hundertmal, Wie Böhmen sie bestand und eines schönen Tags Ich grenz noch an ein Wort und an ein andres Land, |
Ingeborg Bachmann Aus: Ingeborg Bachmann: Letzte, unveröffentlichte Gedichte, Entwürfe und Fassungen. Hg. Von Hans Höller. Frankfurt/M. 1998, S. 117 |